Das 24-Stunden-Rudern von Berlin
Ein Tag kann ganz schön lang sein. Wenn man die 24 Stunden am Stück rudern müßte, könnte es einem sogar wie eine kleine Ewigkeit erscheinen. Aber streng genommen, geht das Rennen ja nur über 23,5 Stunden, denn nach 115 geruderten Kilometern zwingt das Reglement zu einer 30 minütigen Pause. Und rund ein Drittel der Wettkampfzeit rudert man ja gar nicht, sondern versucht, sich auf dem Steuerplatz für die Mannschaft so nützlich wie möglich zu machen. Was dabei der Außenstehende leicht übersehen mag: Steuersitze können folternder als Rollsitze sein, bei Nacht richtig wach zu bleiben ist am Steuer gar nicht so leicht und selbst auf der harmlosen Spree können grüne Bojen erstaunliche Geschwindigkeiten entwickeln... Von Philosophieren oder Meditieren möchte ich nicht sprechen, weil wir keine Ahnung davon haben. Aber man kommt im Lauf eines langen Tages zwischen hoch konzentrierter Anspannung und stupider Skullzupferei auf die abartigsten Ideen und Gedanken. Insbesondere, wenn das Rennen zu einem spannenden Wettkampf ausartet wie in diesem Jahr. In den vergangenen Jahren war es üblich, mit einer beherzt gefahrenen ersten Stunde einen beruhigenden Vorsprung herauszufahren und dann das Ding relativ unbehelligt nach Hause zu schunkeln..... oder eben entsprechend chancenlos hinterherzufahren. Diesmal lagen wir drei als Favoriten ausgeguckten Mannschaften an der ersten Wende in Ketzin enger zusammen als auf der Startlinie – nach immerhin 32km und vielen kleinen taktischen Mätzchen in allen Booten. Nach der 2. Wannseerunde –immerhin bei Renn-Kilometer 151- hatten wir wohl den größten Vorsprung im Verlauf des ganzen Rennens erreicht. Etwa 20 Minuten soll die Hevella-Renngemeinschaft da hinter uns gelegen haben. Mit einem einzigen ungeplanten Boxenstop (boots- oder verdauungstechnisch bedingt), wäre er dahin geschmolzen. Und die Stärke der Berliner gerade auf dem letzten Streckenviertel ist hinlänglich bekannt. Wenigstens die Mannschaft vom Kölner Club für Wassersport gab nach der Hälfte der zu erwartenden Strecke zu erkennen, daß sich ihr anfänglich gezeigter Elan und die offensichtlichen Anstrengungen in logistischer Hinsicht doch nicht direkt in den Sieg ummünzen lassen würden. Je länger die Verteidigung der Führungsposition andauert, desto verbissener wird auch der Kampf darum – gegen die Gegner, die Uhr, die Strecke, die Müdigkeit. Regelmäßig alle 6500 Meter bietet sich auf den abschließenden Spree-Runden der direkte Vergleich. Mal waren ein paar Meter mehr, mal weniger, manchmal bedrohlich deutlich weniger. Am Ende, als endlich wieder Tageslicht herrschte, sah uns die Abrechnung sogar mit 4 Kilometern vorn. 248 Kilometer hatten wir in den weniger als 24 Stunden zurückgelegt. Die drittbeste je gefahrene Distanz hätte – Luftlinie- vom Start in Spandau locker bis über Hamburg hinaus gereicht. Und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 10,58 km/h im gesteuerten C-Zweier darf sich auch sehen lassen. DRV-Breitensport-Vorstand Arnim Nethe, der nicht nur zum Händeschütteln, sondern während des gesamten Wettkampfs an der Strecke weilte, ehrte Pál Máthé (RC Rastatt), Matthias Auer (Kitzinger RV) und Wolfdietrich Jacobs (KRA) abschließend mit der berühmten Bronzeplatte nach diesem langen Tag. Wolfdietrich Jacobs |
Bilder von Gerd Kalbhenn (DRUM):
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