Tour du Léman à l’Aviron – die ganz andere Langstreckenregatta


1. Oktober 2014 / Josef

Auch dieses Jahr haben sich Alemannen – Gloria und Matthias A. (letzterer diesmal für Nürtingen startend) – an den Genfer See begeben, um an der längsten Langstreckenregatta auf stehendem Gewässer teilzunehmen. Bei der 42. Auflage des Rennens nahmen 115 RudererInnen die Herausforderung an, den nach dem Plattensee zweitgrößten See Mitteleuropas im Uhrzeigersinn entlang der Küstenlinie zu umrunden. Einen absoluten Rekord stellte dabei die Teilnahme von sage und schreibe 5 Frauenbooten dar! Alle Boote kamen an, wenn auch mit unvollständigen Mannschaften, aber dazu später mehr…

Schon Wochen zuvor fingen die Planungen an, nachdem sich die Zusammensetzung der Novizen-Mannschaft (nur eine Person im Boot darf mehr als 3 Mal teilgenommen haben) mit Alemannin Gloria an Bord beim Härtetest in Eckernförde (welcher in diesem Jahr aufgrund von Wellen aus Osten mit Windstärke 6 abgebrochen werden musste) gefunden hatte. Es wurde eine für die Truppe im Internet zugängliche Tabelle mit den benötigten Utensilien erstellt. Was brauchen wir an Ausrüstung fürs Boot, was als Verpflegung, was für die Sicherheit, etc. pp. Auch die Erstellung von Wechselplan und Einkaufliste wurde zentral gesteuert, denn die in ganz Deutschland verteilte Mannschaft setzte sich aus Stefan (Alania Hamburg), Uwe (Protesia Hamburg), Ulf und Jörn (StCRC) zusammen. Die Vorbereitungen waren mannigfaltig: Es wurden die Abdeckung optimiert, die elektrische Pumpe zusammengebastelt, Apfelbrot gebacken, Akkus und wasserdichte Hüllen besorgt, Lichter für jeden Ruderplatz organisiert, und Vieles mehr. Die Vorfreude auf die Regatta stieg von Tag zu Tag!

Dann war es soweit – endlich in Genf angekommen: Die herzlichen Begrüßungen der Langstreckenruderer (aus Frankreich, England, Niederlande, Schweiz, Deutschland, etc.) war das erste Highlight. Man kennt sich und hat einiges auszutauschen. Und, welch ein netter Zufall, die Endeavour des KRV Wiking lag direkt neben unserem Boot aus Stuttgart, ebenfalls in der Novizen-Klasse startend. Freitags wurde das Boot mit allen benötigten Dingen ausgestattet und wellensicher gemacht sowie die Startnummer, Lichtmast und GPS-Sendegerät abgeholt und installiert. Die letzten Einkäufe wurden im benachbarten Frankreich getätigt. Nach der allgemeinen Unterweisung am frühen Abend wurde das Boot, mit der schönen Kulisse der Promenade von Genf und dem Jet d’eau im Hintergrund, eine Runde Probe gefahren. Während die anderen Mannschaften dem Wetterfrosch in freudiger Erwartung auf die nachfolgend gereichten Häppchen lauschten, hat das Boot die Probe bestanden: Alles war bereit für den Start am Samstagmorgen. Dazwischen lag, nach dem gemeinsamen Nudel-Abendessen, eine Nacht im Schweizer Luftschutzbunker in 3-fach-Stockbetten (was ein Abenteuer). Kurz nach 5 Uhr war die Schlafenszeit bereits zu Ende und das Frühstück wurde mehr oder weniger motiviert zu sich genommen. Aus dem Bunker heraustretend, wurde es frisch und dunkel auf dem Fußweg den Berg hinab zum – selbst zu dieser Tageszeit – pittoresken See.

Die Wasserzeit der Mannschaft mit der Startnummer 20 war 6:40 Uhr. Der Vorteil der frühen Ablegezeit war immerhin, dass an den unterschiedlichen Plätzen im Hafen der SNG (Société Nautique de Genève) die Möglichkeit bestand, nochmals auszusteigen und die bereitgestellten Croissant mit kalten und warmen Getränken zu genießen um sich dann rechtzeitig wieder vor der Mole zum Start einzufinden. Endlich erfolgte der Startschuss, der – um allen Teams eine Stunde längeres Rudern bei Helligkeit zu ermöglichen – dieses Jahr auf 8 Uhr vorverlegt worden war. Flott ging es zu der ersten Boje Richtung Genf und dann, Schlag um Schlag, in Richtung Montreux bis zu „DEM BAUM“, welcher die Wende für den Rückweg markiert. Doch dazwischen lagen etliche Kilometer und Kontroll-Bojen, welche man passieren musste.

Das vom Alanen Felix ausgeliehene GPS zeigte den „Novizen“ den optimalen Weg. Doch auch dies ist keine Garantie für das korrekte Umfahren einer Boje. Die Anzeigegenauigkeit hatte in Lausanne nicht wirklich ausgereicht, sodass ein schicker Wende-Zick-Zack-Kurs immerhin zu der Gesellschaft der Bonner Frauenmannschaft führte, welche eine schöne Abwechslung darstellte. So hatten sich die Damen mit Motivationssprüchen und -geschichten von Genf-Erfahrenen ausstatten lassen, welche sie sich gegenseitig vorlasen.

Aufgrund von Schmerzen im Handgelenk war es leider notwendig geworden, Stefan in Rivaz am Kontrollpunkt der netten Zeitnahme-Dame in die Obhut zu geben und das Rennen mit Lücke weiter zu rudern. Letzteres benötigte eine gewisse Gewöhnungsphase, die jedoch durch DEN immer näher kommenden BAUM in den Hintergrund gerückt wurde – DIE WENDE! Man fuhr nun, in der Berg-Kulisse der Rhone-Mündung, zum Südufer des Sees. Die Berge versprachen, nach vielen Stunden wohligen Sonnenscheins von Steuerboard, nun etwas Schatten zu spenden.

In den Steuerpausen – aufgrund der mannschaftlichen Dezimierung jetzt nach 1,5h anstatt nach 2h – konnte man den schon fast romantischen Sonnenuntergang an den Wahrzeichen-Felsen des Evian-Wassers verfolgen und wartete, bis endlich Genf in Sicht kommen würde. Doch bis dahin vergingen weitere Stunden, welche sich die fleißigen Ruderer mit Musik aus einem wasserdichten Lautsprecher als Zusatzgepäck gegönnt hatten. Ein rauchender Grillplatz ließ die Mannschaft jene Musik jedoch mit einer Gesangseinlage „smoke on the water“ übertönen. Die Laune war gut, es ging stetig voran. Bei Dämmerungseinbruch gesellte sich unser „Suivant“ – das Motorboot, welches für unsere Sicherheit sorgte – zu uns.

Der in der Nacht beleuchtete Strokecoach zeigte an: 3h 45min + 10h – Schlagzahl zwischen 20 und 23 – man war irgendwo im Dunkeln etwa zwei Stunden vor Genf. Das Ende der Schweinebucht – der Name ist Programm, da sich diese laaaaaaaange dahinzieht – ist das Einleiten des mentalen Endspurts. Wenn man aus ihr herausbiegt und Yvoire hinter sich gelassen hat, dann ist Genf definitiv in Sicht. Die Wechselpausen wurden inzwischen nicht mehr in „Sprinttechnik“ ausgeführt, und das „Über das Boot krabbeln“ war nach all den Kilometern – völlig verständlich – deutlich weniger grazil als noch zu früheren Stunden.

Ein kleiner Motivationschub kam noch mal beim Blickkontakt mit dem Ziel auf und es wurden alle restlichen Kräfte mobilisiert, um dieses so bald wie möglich zu erreichen. Dies jedoch nicht, ohne die beginnende Laternen-Kette am Ufer des Genfer Sees, welche bis hin zum Verein führte, mit einem kleinen Ständchen „Meine Laterne und ich“ zu begrüßen. In der Dunkelheit schob sich das Boot mit Uwe auf Schlag und Ulf und Jörn auf Platz eins und zwei auf die zwei hell leuchtenden Ziel-Scheinwerfer zu! Noch 10 Schläge!!! Die Zielboje!! Geschafft! Jubeln von hinter dem grellen Scheinwerfer am Ufer!

Im Hafen der SNG warteten bereits die fleißigen helfenden Hände der Ruderjugend, welche bereits am Morgen da gewesen waren, um die Boote sicher mit allem Inhalt ins Wasser und jetzt in die Böcke zu verfrachten. DANKE dafür! Auch Stefan war da und begrüßte seine Mannschaft. Das haben wir ZUSAMMEN geschafft und er hat seinen Teil dazu beigetragen, daher war es klar, dass auch er auf dem offiziellen „Welcome“-Bild des Veranstalters erscheinen musste, bevor es in die Duschen und anschließend zur Massage beim „Team Physio“ ging.

Sauber und durchgeknetet wurde im Restaurant – wie jedes Jahr – Suppe und sättigende Lasagne gereicht, bevor es gegen kurz nach ein Uhr nachts zu Fuß zurück in den Bunker ging, um für die restlichen verbleibenden Stunden Schlaf zu finden – tiefen und erholsamen Schlaf. Um 9h ging der Wecker. Beim Frühstück erfuhren die Ruderer, dass sie nicht allein mit Ihrer „Rumpfmannschaft“ waren. Das Boot mit Matthias A. hatte den 5. Mann krankheitsbedingt bereits nach etwa 45 km in Morges an Land setzen müssen. Auch sie waren die Seerunde „mit Lücke“ zu Ende gefahren.

Die Boote wurden abgeriggert und aufgeladen, und um 11:30h ging es schon mit der Siegerehrung weiter. Im Sonnenschein und mit wunderschöner Kulisse zwischen Segelbootmasten wurde auf der Dachterrasse jede Mannschaft geehrt (jeder angekommene Teilnehmer bekommt einen Zinnbecher). Die Sieger der Klassen bekamen zudem ebenso formschöne wie hochwertige Zinnkannen. Das „Auer-Boot“ fuhr zuletzt den Sieg in der Mastersklasse trotz Lücke ein! Zusätzlich gab es zur Belohnung für die Strapazen eine Flasche Champagner, welche beim anschließenden 3-Gänge-Menü stilecht in die Zinnbecher geleert wurde.

Mein DANK geht zuerst an meine Mannschaft, welche in super Teamarbeit vor, während und nach der Regatta an dem gemeinsamen „Projekt“ Genfer See-Regatta gearbeitet hat. Günter Beck – dem rasenden Reporter aus Stuttgart – sei für seine tollen Bilder (auch für die Dokumentation des „Schlenkers bei Lausanne“ ;-)) gedankt. Der nette Hammer Fahrdienst sowie der sorgenfreie Stuttgarter Bootstransport sind nicht zuletzt zu erwähnen.

Bilder gibt es hier:
http://www.stuttgart-cannstatter-ruderclub.de/cms/fotos/2014_09_28_genfersee.html

Dann bleibt nur noch zu sagen: BIS ZUM NÄCHSTEN JAHR 🙂