ERIC 2018: Gold für Gudrun


10. Dezember 2017 / Wolfdietrich

Gelebter Brexit oder leicht suboptimale Organisation? Man weiß es nicht. Tatsache ist, dass am Samstag 9.12. zeitgleich die Britischen Meisterschaften in London als auch die Europameisterschaften in Amsterdam im immer populärer werdenden Indoor-Rowing stattfanden. Beide Veranstaltungen mit gigantischem Teilnehmerfeld. Vielleicht war dies alles nur durch eine atemberaubende Zeitreise möglich, denn die nationalen Titelkämpfe auf der Insel trugen den Stempel „2017“ während in der Sporthalle Zuid direkt vis-à-vis vom Amsterdamer Olympiastadion die ERIC 2018 ausgetragen wurden. Für ein wenig exotisches Flair sorgte eine schlagkräftige Delegation von den Färöer-Inseln. Da laut Wikipedia dort die Rudersaison lediglich die Monate Juni und Juli umfasst, bleiben den Wikingern volle zehn Monate für das Indoor-Training.

Gleich am Vormittag war der Start aller Masters-Ruderer angesetzt. Dank der sauber aufgereihten 64 Ergometer konnte das gesamte Altersklassen-Rudern in zwei Läufen abgehandelt werden. Gudrun durfte auf dem Gerät Nummer 14 platznehmen, aufgrund der guten Vorleistungen sozusagen in der Pole-Position direkt vor der Fernsehkamera. Ihre vier Konkurrentinnen in der Klasse W55-59, je zwei Niederländerinnen und Französinnen, wurden um sie herum gruppiert.

Ein wenig beunruhigend war für Gudrun die durch das engagierte Rudern auf dem Wasser recht kurze spezifische Vorbereitungszeit, denn die „Strecke“ beim Hallenrudern ist doppelt so lang wie bei den Masters-Regatten. Und: es gab die Bestimmung, dass kein Coach hinter den Sportlerinnen sitzen durfte.

Vom Start weg legte sich Gudrun an die Spitze des Feldes, bis weit über die 1000m-Marke sogar vor die Vertreterinnen der jüngeren Altersklassen. Das dritte Viertel erwies sich erwartungsgemäß als zäh und schmerzhaft, doch auch die Gegnerinnen hielten ihr Anfangstempo nicht durch. Mit deutlichem Vorsprung erreichte die Alemannin als erste das Ziel in 7:42,1. Nach der Silbermedaille 2016 in Györ (HU) wurde es nun das erhoffte Gold der European Rowing Indoor Championships 2018!

Beim Blick über den Ärmelkanal zeigt sich, dass die BRIC-Siegerin, Judith Burne vom Upper Thames Rowing Club mit ihren 7:50,9 Gudrun nicht gefährdet hätte. Den größten Medienwirbel hat aber der an Platz 21 in der Männer-Hauptklasse ins Ziel gekommene Ketten-Ruderer ausgelöst. Bereits fünf Olympiasiege hatte er auf dem Fahrrad errungen, als er mit 69kg Körpergewicht 2012 die Tour de France gewann. Auf dem Ruder-Ergo wollte er seit 2016 eigentlich nur abtrainieren, fand Gefallen an der Zupferei und, nunmehr auf ca. 100kg hochgefuttert(?), verkündete Sir Bradley Wiggins, nun vollmundig, 2020 in Tokyo auch rudernd zu olympischen Ehren kommen zu wollen. Ob die 6:22,5 da als Empfehlung reichen?

Fotos von Antje Brückner: