Marathon Lüttich 2021


22. Dezember 2021 / Wolfdietrich

Zwei Wochen nach Düsseldorf schon wieder einen Marathon fahren, noch dazu auf fast stehendem Gewässer? Warum nicht, die Blasen sind halbwegs verheilt, der Muskelkater überstanden und so macht man aus einem Rennen das Training für das Nächste.

Das sehen allerdings nicht viele so, und so ist die Gruppe normalerweise recht klein die zum “Marathon International de La Meuse“ nach Lüttich fährt. Dieses Jahr aber zum “63ème Marathon“ ließen sich viele überreden die Herausforderung zum ersten Mal anzunehmen. Die Herausforderung ist nicht nur das quasi stehende Wasser, sondern auch die Handikap-Regel:

Je nach Typ, Geschlecht, und Alter der Mannschaft bekommen alle Boote eine Startzeit, und wenn sich alle daran halten fahren um 16:00 alle zusammen über die Ziellinie. Da aber alle Spielverderber sind gilt es möglichst viele Boote zu überholen und niemand vorbeizulassen.

Dieses Jahr waren fünf C4X+ an Start, davon vier aus Karlsruhe, unterstützt durch Antje von der Kettwiger Rudergesellschaft. Möglich wurde es auch, weil Annemarie, Marie, und Sandra S. vom Uerdinger Ruderclub 1907 e.V. sich zum Steuern gewinnen ließen.

Ob es daran lag, dass seit 2 Jahren immer dann, wenn ein bestimmter älterer Ruderer mit Bart auf der Eins saß bei der Einfahrt in unser Becken von der Karlsruhe kommend die “Lüttich-Wende“ geübt wurde?

Und wie gut, dass wir tolle neue Boote haben! Und dass Andreas alles bestens organisiert hat! Vielen Dank an Christine für die vielen tollen Fotos und dass sie immer die Schlüssel zu den Bussen hatte wenn ihr die Schlüssel zurückgegeben wurden 😉 .

Unsere 4 Boote wurden in folgender Reihenfolge gestartet:

Startnummer 9 Startzeit 12:18:30:

  • die Titelverteidiger Jörg, Antje, wd, Claudia, gesteuert von Annemarie, im Flying Dutchman

Startnummer 15 Startzeit 12:22:05:

  • Blaues Wunder mit Markus, Gisela, Andreas, Svanja und Marie

Startnummer 16 Startzeit 12:22:15:

  • Wellenbrecher mit Viola, Sandra P, Alexandra, Vanessa und Sandra S

Startnummer 26 Startzeit 12:31:45

  • Goldgrund mit Karl-Friedrich, Mariarita, Rita, Johannes und Silvia

Resultate

Boot

Platz im Gesamtklassement

Zeit

Bemerkung

FlyingDutchman

4

3:17:59

1. C4X+

Goldgrund

12

3:21:44

Wellenbrecher

29

3:58:23

Blaues Wunder

34

Abbruch in der 5. Runde

Und hier die Insiderberichte aus den Booten:

FlyingDutchman:

Dann kam sie – die neue Herausforderung – 43,25km auf einem Rundkurs in Lüttich/Belgien beim 63e MARATHON INTERNATIONAL A L‘AVIRON. Fünf Runden auf quasi stehendem Gewässer mit Stadtpanorama, Brücken, sehenswerten und weniger attraktiven Bauwerken, begleitendem Straßenverkehr, Schifffahrt groß und klein. Die Mannschaften wurden nach Alter, Geschlecht und Bootsklasse mit Handicaps versehen und entsprechend zeitversetzt gestartet.
So gingen Renn- und Gigeiner, Renn- und Gigdoppelzweier, Gigdreier, Renndoppelvierer ohne Stm., Gigdoppelvierer mit Stm. und Gigfünfer an den Start und versuchten als erstes das Ziel zu erreichen.
Wir – Claudia, Antje, wd und meine Wenigkeit – waren das gleiche Team wie auf dem Rhein zwei Wochen zuvor und sozusagen gut eingerudert. Unsere Steuerfrau Annemarie kam hinzu und löste ihre Aufgabe mit Bravour. Das Wetter war perfekt, etwas Wind und wir konnten von Anfang an einige Teams überholen bis wir auf dem vierten Gesamtplatz lagen. Den drei vor uns liegenden Booten (Einer und Zweier) haben wir einiges an Zeit abgenommen, aber trotz Sichtweite auf der letzten Runde kamen wir an diesen nicht mehr vorbei.
Es hat uns kein anderes Boot überholt und so konnten wir als schnellster 4x+ aller gestarteten den Pokal für diese Bootsklasse gewinnen. Der Dank gilt unserer Schlagfrau Claudia, die mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerkes einen gleichmäßigen und effektiven Rhythmus vorgab – wir mussten nur mitmachen
?.
Beim Aussteigen aus dem Boot hat der Körper den 3Std und gut 17min Belastung Tribut gezollt. Krämpfe in beiden Oberschenkeln gleichzeitig – vielleicht kann mir jemand einen Tipp geben wie man aus einer solchen Situation einigermaßen würdig wieder heraus kommt.
Die Siegerehrung und Fahrt nach Karlsruhe fand ohne mich statt, denn ich saß nach dem Bootsverladen schon im Zug zurück nach München und genoss das Weizenbier und die Erholung … zufrieden in der Gemeinschaft die Herausforderung gemeistert zu haben und ging der Frage nach warum man sich freiwillig und mit Enthusiasmus solchen Strapazen aussetzt…

Jörg

Blaues Wunder:

Schon beim Warmfahren geht uns das laute Knacken vom Platz 2 auf die Nerven. Beim Start haben wir ein paar Sekunden verschenkt, aber dann läuft das Boot. Ich hatte befürchtet, dass uns der Frauenvierer im Wellenbrecher schnell überholt aber wir können uns absetzen. Außer mir sind alle im Boot das erste Mal dabei, und so fällt nur mir auf, dass deutlich weniger Gedränge an den Wenden ist als sonst. Es sind nur ca. 40 Boote gemeldet, weniger als die Hälfte des üblichen Felds. Nach der 3. Runde hören wir das Knacken nicht mehr und vertreiben uns die Zeit mit Zwischenspurts, getriggert durch das Kommando “Mirácoli®“ und beendet durch “Essen ist fertig“.

Das Highlight des Rennens passiert in der 4 Runde, da wo man normalerweise einen üblen moralischen Durchhänger hat: Wir werden kurz vor der unteren Wende von einem 5er vom heimischen Ruderverein RSNM überholt. Der 5er stoppt und wendet, unsere Steuerfrau Marie lenkt uns gekonnt und eng um den Brückenpfeiler, wir sind wieder vorbei am 5er und werden erst nach 300 m wieder überholt. Das hat natürlich keinen Einfluss auf den Rennverlauf, ist aber unglaublich gut für die Moral! Und das Üben der “Lüttich-Wende“ hat sich gelohnt ;-).

Leider bekam Marie in der 5. Runde vor der unteren Wende Probleme mit dem Kreislauf die sich durch hinlegen und Füße hoch so gut sich das halt in einem Boot machen lässt nicht beheben ließen. Da Gesundheit vor allem geht haben wir beschlossen umzudrehen, weil es zurück näher zum Steg war. Unterwegs konnten wir Marie an ein Rettungsboot übergeben und an Land wurde ihr mit Cola und Zucker schnell geholfen, zu unserer großen Erleichterung!

Andreas

Wellenbrecher:

Wir fünf Frauen hatten schon an Land ziemlichen Respekt vor den anstehenden 43,25 Kilometern, da es für uns alle – entweder Lüttich selbst oder die jeweilige Aufgabe, die es im Lüttichboot zu übernehmen galt – das erste Mal war. Wir hatten abenteuerliche Geschichten von erfahrenen Lüttichruderern gehört oder selbst schon so unsere haarscharfen (Grenz)-Erfahrungen gemacht.

Jeder für sich hat seine Qualitäten: Sandra S, die souveräne Steuerfrau, (genau: die Sandra die früher bei uns im Verein war und jetzt an den Niederrhein umgezogen ist), die gerade ohne Violas (verkorkste) Ansagen, die Wenden super gemeistert hat, Vanessa die stoische und erfahrene Schlagfrau, die Powerfrauen Sandra P. und Alex im Maschinenraum, Viola als Obfrau. Nur leider wollte das Boot in dieser Kombination nie so richtig in Schwung kommen.

Lag es daran, dass 2/5 der Mannschaft gesundheitlich angeschlagen war und die Mannschaft sich nicht schon in der ersten Runde kaputtmachen wollte oder daran, dass weniger Boote als sonst auf Wasser waren und wir schon unseren Start verpasst haben, weil wir vergeblich auf die deutsche Ansage warteten? Denn „seize“ und „treize“ hören sich schon verdammt ähnlich an.

Schon auf den ersten Kilometern überholten uns eine Menge Boote, anschließend wollte einfach keine Regattastimmung aufkommen, da kaum Boote in Sicht waren. Wir sind jedoch stolz, die knapp 4 Stunden durchgehalten zu haben und freuen uns, wenn beim nächsten Mal wieder mehr Boote unterwegs sind und die Mannschaft besser harmoniert.

Viola

Goldgrund:

Nachdem wir in den beiden Vorwochen in allen möglichen Kombinationen von 3x- bis 4x+ wechselnd im Rheinhafen trainiert hatten, einmal sogar in der finalen Rennbesetzung, ging es also nach Lüttich. Man hatte im Vorfeld schon viel gehört, von der fiesen vierten Runde, dass sich schon Steuerleute bei den Runden verzählt hätten, ominöse Energiebrücken, und Andreas hatte klargemacht, dass wir von hinten Druck im KRA-Feld aufbauen sollen, damit der Fliegende Holländer nicht auf die Idee kommt sich auf seinem Handicap-Vorsprung auszuruhen. …

Dann ging es in gutem Tempo los, Johannes und Mariarita auf Schlag und Co-Schlag, und dahinter Karl und Rita. Während Silvia am Steuer ihre Stimme noch schonte, kamen von der eins und zwei beständig Technikkommentare („lang bleiben“, „früh ins Wasser“), und so lief der Goldgrund und lief, und wir überholten auf den ersten Runden ein Boot nach dem anderen. Und wurden auch ein paarmal überholt. Die trainierten Lüttichwenden flutschten nur so, und ab Runde vier, als uns langsam die Beine etwas schwer wurden, kam Siliva in Fahrt und feuerte uns von Brücke zu Brücke, von Wende zu Wende an.

Das Feld hatte sich so langsam sortiert, es ging in Runde fünf, die Hintern schmerzten so langsam auch, aber es lief, und auch ein grünglibbriges Irgendwas, dass sich zwei Kilometer vor dem Ziel in unserem Bug verbissen hatte, dort vernehmlich Wellen schlug, und erst nach einigen Minuten in der letzten Wende verlorenging, konnte uns nicht mehr aufhalten.

Am Ziel waren wir dann von 26 auf Platz zwölf vorgefahren, kaum vier Minuten langsamer als der FD, und die holen wir uns dann nächstes Jahr!

Startnummer

1 Runde

2 Runden

3 Runden

4 Runden

5 Runden

9 FD

00:38:16

01:17:11

01:57:05

02:37:29

03:17:59

26 Goldgrund

00:38:50

01:18:08

01:57:05

02:39:20

03:21:44

Karl

Erkenntnisse aus dem tollen Wochenende:

  • Wenn man versucht mit dem Hänger einen Stau auf Autobahn über Nebenstraßen zu umfahren kann es abenteuerlich werden, Karl hat sich hier die höheren Weihen des Hängerfahres geholt!
  • Ein Reserverad nützt nichts, wenn man es nicht abgeschraubt bekommt. Gut, dass die Jungs vom RSNM einen langen Hebel hatten.
  • Die Pizzeria gleich an der JuHe ist super.
  • Nach der Regatta sind warme Duschen viel besser als kalte Duschen – der Verein hat neue Umkleiden!
  • Die alte Badezimmerwaage mit der das Mindestgewicht der Steuerleute kontrolliert wird stand noch schräger als sonst, Silvia musste kein Ballastbier mitnehmen.
  • Auch Steuerleute müssen vor dem Rennen essen und Cola ist nicht ungesund.
  • Zur Frittenbude in der Nähe der JuHe darf man nicht zu spät hin sonst sind die Fritten ausverkauft.
  • Als Kulturprogramm ist das Besteigen der Treppe zum Montagne de Bueren unweit der JuHe zu empfehlen https://de.wikipedia.org/wiki/Montagne_de_Bueren
  • Rückreise erst am Sonntag nach dem Frühstück ist deutlich entspannter als die Rückreise am Samstag.
  • Ruderer können ein Baustellenverkehrsschild, dass von der letzten Strebe vom Hänger umgerissen wurde sehr schnell wieder aufstellen.
  • und nur für die Sonntagsheimfahrer: Der Elefant ist ja gar kein Vogel!

Andreas, Jörg, Viola, Karl, Lector Rita

Fotos von Christine, Antje, Veranstalter: